Octavie de Lasalle

Octavie Elisabeth de Lasalle von Louisenthal stammt vom Schloss Dagstuhl. Zwar 1811 in Metz geboren, lebte sie in Dagstuhl bis zu ihrem Tode im Jahre 1890. Da sie unverheiratet blieb und im Hause ihres Bruders, des späteren Landrates von Merzig, lebte, war sie weitestgehend unabhängig und konnte sich ganz ihren Neigungen widmen. In München unter der Anleitung des Bildhauers Woltreck und in Nürnberg hat sie Unterricht im Malen genommen. Die Porträtkunst beherrschte seien einem außergewöhnlichen Maße. Die Ergebnisse ihrer Klein-Porträtkunst wurden in Ausstellungen in Nürnberg (1838) und München (1842) auf Veranlassung der Dürer-Gilde, deren Mitglied sie war, gezeigt. Soweit ihre profanen Bilder heute noch zu sehen sind – sie stellen Reiter, Jäger, Bauern, Familienmitglieder und Landschaftsmotive dar –, zeigen sie bei aller Individualität doch die Zeitstimmung des 19. Jahrhunderts und atmen nicht selten eine biedermeierliche Stille.

 

Vorbild ihrer umfangreichen religiösen Malerei, der sie sich besonders verpflichtet wusste, war ihr die sogenannte „Nazarener Kunstrichtung“: Die Einordnung der Malerei in die religiöse Bindung. Die „Nazarener“ und mit ihnen auch Octavie de Lasalle von Louisenthal verharmlosten in ihren Darstellungen das Heilsgeschehen – im Gegensatz zur religiösen Gegenwartskunst, die das Passionsgeschehen schockierend und realistisch darzustellen versucht –, jedoch unterwarfen sie sich ganz der Verpflichtung, das große Ereignis der Weltgeschichte nachzuempfinden und in ihre Zeit des 19. Jahrhunderts zu übersetzen. Das gelang Octavie de Lasalle von Louisenthal auch im weitesten Maße bei den großen Stationsbildern von Lockweiler/Dagstuhl. Hierzu trug nicht zuletzt ihre tief-religiöse Einstellung, als auch ihre Verbindung zur Familie des biblischen Historienmalers Friedrich Overbeck bei, der ihr für die Passionsmotive seinen Facsimiledruck der „Vierzig Originalzeichnungen aus den vier Evangelien“ überließ.

 

Das Bemerkenswerte ist, dass sie den heiligen Gestalten ihrer Passionsbilder (von insgesamt zwölf geschlossenen Passionen sind heute nur noch neben Lockweiler/Dagstuhl im Krankenhaus zu Wadern, in Osburg/Hochwald, in der Girster Klause/Luxemburg und im Mutterhaus der Franziskanerinnen zu Waldbreitbach vorhanden) das Überirdische nahm und des Öfteren Christus in der so tragisch ums Leben gekommenen Gestalt des bayrischen Märchenkönigs Ludwig II. darstellte: Sie ließ die Heilsgeschichte unter den Menschen der Gegenwart spielen und fand nicht nur unter den einfachen Menschen des Hochwaldes Gehör für ihre Bildpredigt. – So erscheinen z.B. auf den Lockweiler/Dagstuhler Bildern die Gesichter der Leute des Hochwaldes, Männer und Frauen aus Wadern, Altland, Lockweiler und Dagstuhl, aber auch, wie schon erwähnt, Ludwig II. von Bayern (2. Station u.a.); die preußische Königin Elisabeth als Maria (6., 8. und 9. Station), Octavie selbst (4., 6., 8. und 14. Station); ihre Mutter (3. Station in der Mitte der Frauengruppe); die Gesellschafterin Octavies, Elisabeth Theobald aus Wemmetsweiler (auf der Station 8, rechts, gegenüber Octavie) und andere, der Familie nahestehende Personen. Auf der 3. Station sind Dagstuhler Knechte abgebildet, auf der 4. Station der Junge mit der Harke namens Gebel, auf der 9. und 11. Station Angehörige der Familien Gleser aus Wadern und Brust aus Altland. Sie geben den Haupt- und Nebenfiguren ihr Antlitz. Die Bilder erlangen somit eine besondere Bedeutung für den engeren Heimatraum, gewinnen aber darüber hinaus für den Betrachter eine zeitgeschichtliche und interessante Aussage.

 

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